Mit Martha Argerich ins musikalische Paradies

Mit Martha Argerich ins musikalische Paradies

Man muss die Zeit um fast 60 Jahre zurückdrehen ‒ bis exakt zum 23. Juni 1965. Wir sind in London im weltberühmten Abbey Road Studio Nr. 1, wo Martha Argerich ihre allererste LP aufnimmt. Plötzlich laute Rufe im Regieraum: «Mit einem langgezogenen ‹Je-e-sus› fuhr ich von meinem Stuhl hoch, und der Toningenieur sagte: ‹Wow!›» So hat es der Aufnahmeleiter später in seinen Memoiren erzählt. Denn beide, ihn und den Toningenieur, habe es förmlich vom Stuhl gehauen, als die junge, damals noch kaum bekannte Pianistin die ersten wuchtigen Akkordketten in die Tasten haute (Chopin war angesagt). «Ich warf einen verstohlenen Blick ins Aufnahmestudio», so der Aufnahmeleiter weiter, «um sicher zu sein, dass diese Klangflut wirklich von dem zierlichen Mädchen stammte, das da am Klavier sass. Es war unglaublich.»

Unglaublich ist sie bis heute geblieben, die singuläre, geradezu überirdische Klavierkunst von Martha Argerich. Seit Jahrzehnten liegen ihr die Fans – und wer wäre es nicht? – zu Füssen und geraten in Verzückung, wenn sie ihr Idol endlich einmal live im Konzertsaal erleben können. Ausgesprochen rare Gelegenheiten waren das immer wieder, denn eine Göttin steht nicht jederzeit hienieden zur Verfügung. Im Gegenteil, Martha Argerich suchte sich sehr genau aus, wo sie allenfalls auftreten würde ‒ und ob ihre momentane Stimmung denn auch dazu passte. Bald kam sie in Verruf, fast mehr Konzerttermine abzusagen als wahrzunehmen. Im Klartext: Ein bereits gekauftes Ticket für ein Argerich-Konzert (und wie glücklich war man, wenn man eines kriegte) war noch keine Garantie, dass man sie auch live erleben würde. Jedes Mal ein Hoffen und Bangen.

Doch wenn sie dann spielte, war man augenblicklich im musikalischen Paradies, vergass alles rundherum und konzentrierte sich nur noch auf eines: auf die begnadete Klaviergöttin vorn auf dem Konzertpodium, die flirrende Notengewitter aus dem Konzertflügel hervorzauberte. Oft schien sie gleichsam den Himmel zu berühren, wenn sie spielte. Dann schwebte Martha Argerich über allen Vergleichen und wohl auch über aller Kritik. Von ihr geht eine magische Wirkung aus, damals wie heute. Denn über Zauberkraft schien Martha Argerich von allem Anbeginn an zu verfügen, und diese äusserte sich in einem Klavierspiel, das entfesselt und gleichzeitig weitherzig und voller Poesie ist, technisch äusserst brillant und künstlerisch unvergleichlich souverän.

Schnell kam sie in die Schlagzeilen der Musikfeuilletons, als sie ‒ ebenfalls 1965 ‒ den renommierten Chopin-Wettbewerb in Warschau gewann. Das war die eigentliche Geburtsstunde der Klaviergöttin Martha Argerich; damit begann ihre Laufbahn als hochsensible Klaviervirtuosin, und wo immer sie auftrat, war sofort von der «jungen Wilden», der «Callas am Klavier» oder der «Tigerin der Tasten» die Rede.

Unberechenbar war sie und nicht zu domestizieren, abhängig von ihrer seelischen Verfassung, ausgeliefert den positiven und destruktiven Kräften ihrer einzigartigen Künstlerpersönlichkeit. Aber immer wieder stellten sich jene paradiesischen Momente ein, in denen Martha Argerich aus innerer Erfülltheit musizierte, gelöst und glücklich und restlos konzentriert auf die Kommunikation mit der Musik.

Diese Momente ergaben sich besonders häufig, wenn sie mit Freunden musizierte, im künstlerischen Teamwork mit Gleichgesinnten, mit den bedeutendsten Instrumentalisten, aber auch mit jungen, vielversprechenden Nachwuchskünstlern. Genau solche künstlerischen Ziele verfolgt Martha Argerich neu am Luzerner Klavierfestival «Le Piano Symphonique», wo sie als «Pianiste associée» eine Schlüsselrolle einnehmen wird. Zu erleben ist sie etwa im vierhändigen Tasten-Teamplay mit Maria João Pires oder mit Jean-Yves Thibaudet, zudem in einem Kammermusikkonzert zusammen mit der hochbegabten Violinistin Janine Jansen und dem Starcellisten Mischa Maisky. Aber auch für ein ganz besonderes Évènement wird Martha Argerich sorgen: «Carte blanche» nennt sich das, aber Genaueres will die Klaviergöttin noch nicht preisgeben. Also hingehen und sich überraschen lassen.

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