Andrea Scartazzini – Wunde(r)

Uraufführung am 5. April 2023

Andrea Lorenzo Scartazzini / Wunde(r) Kompositionsauftrag und sein Anliegen der Musikvermittlung.

Andrea Lorenzo Scartazzini stammt aus Basel und schloss sein Studium der Germanistik und Italianistik an der Universität Basel ab. Bereits in jenen Jahren entschloss er sich, ein Kompositionsstudium bei Rudolf Kelterborn in Basel aufzunehmen, das er später bei Wolfgang Rihm an der Hochschule für Musik in Karlsruhe fortsetzte. In den Jahren 1999/2000 absolvierte er ein zusätzliches Studiensemester an der Royal Academy of Music in London.

Scartazzini wurde mehrfach ausgezeichnet: 2004 als Composer in Residence an der Universität Witten/Herdecke, 2011 und 2018 mit Residenzeinladungen des Swatch Art Peace Hotels in Shanghai sowie 2012/13 als Stipendiat des internationalen Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg. Zudem erhielt Scartazzini u.a. den Studienpreis der Ernst von Siemens Stiftung, den Jakob Burckhardt Preis der Goethe Stiftung Basel sowie den Förderpreis der Alexander Clavel Stiftung. Seine Werke werden an bedeutenden Festivals aufgeführt: den Salzburger Osterfestspielen, dem Lucerne Festival, den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt oder bei den «Prague Premieres».

Eine bedeutende Position in seinem kompositorischen Schaffen nehmen Opern ein: «Edward II» (Deutsche Oper Berlin 2017), «Der Sandmann» nach E.T.A. Hoffmann (Oper Frankfurt 2016, Theater Basel 2012) sowie «Wut» (Theater Bern 2010, Theater Erfurt 2006). Seit Herbst 2018 arbeitet Scartazzini als Composer in Residence mit der Jenaer Philharmonie zusammen. Das Projekt besteht aus einem Zyklus sinfonischer Werke rund um Gustav Mahler, bei dem er zu jeder der zehn Sinfonien Mahlers ein eigenes Orchesterwerk komponiert. Bislang entstanden «Torso» (2018), «Epitaph» (2019), «Spiriti» (2019), «Incantesimo» (2020) und «Einklang» (2021).

«Wunde(r) für Orchester»

Werk und Text von Andrea Scartazzini

 

Wunde. Wunder. Die beiden Wörter laden zu Assoziationen ein, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Die Wunde evoziert den Schmerz, Verletzung und Krankheit, das Wunder beschwört Bilder von unverhofften glücklichen Fügungen herauf.

Man denkt diese Wörter für gewöhnlich nicht zusammen, aber in seltenen Fällen, wenn Kranke wie durch ein Wunder gesunden oder Heilige wundersamerweise Stigmata – also Christi Wunden an den Händen und Füssen – manifestieren, entsteht eine Verbindung.

Joseph Roths berühmter Roman «Hiob» erzählt die Geschichte des einfachen, gottesfürchtigen Thoralehrers Mendel Singer aus Ostgalizien, der sich nach zahlreichen Schicksalsschlägen völlig verbittert von Gott abwendet, um am Ende seines Lebens ein grosses Wunder zu erfahren, das ihn versöhnt: «Mendel schlief ein. Und er ruhte aus von der Schwere des Glücks und der Grösse der Wunder.»

Diese Geschichte begleitet mich seit vielen Jahren und hat mich zu meiner Orchesterkomposition inspiriert. Das Stück ist in drei ineinander übergehende Abschnitte gegliedert. Der erste Teil ist eine Trauermusik, kammermusikalisch, melancholisch, in sich gekehrt; der zweite Teil ein Agitato, so wild wie die biblischen, Wunden schlagenden Plagen; der dritte Teil hingegen ist ruhig; hier wird das Material der Trauermusik erneut verwendet, aber im Ausdruck verwandelt in Frieden und Geborgenheit.

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